Dreimal um den Erdball für 1 kg Honig

Dreimal um den Erdball für 1 kg Honig

Unter dem Titel „Summende Produzenten – was Bienen dem Menschen liefern können“ hatte der Hohenleubener Altertumsverein (VAVH) am 22. Juni zum letzten Sonntagsgespräch im Vereinsjahr eingeladen. Der Vortrag von Gerd Neumann, Mitglied des Imkervereins der Stadt, stellte zugleich einen vorfristigen Beitrag zum bundesweiten, diesmal speziell den Imkerfrauen gewidmeten „Tag der deutschen Imkerei“ am 2. Juli dar.

Vor einiger Zeit war in der Presse im Zusammenhang mit dem Auftreten einer Milbe über das massenweise Sterben von Bienenvölkern berichtet worden. Auch übertriebene chemische Schädlingsbekämpfung trägt zur Schädigung der Populationen der fleißigen Insekten bei. Ohne diese Tiere aber und deren Beitrag zur Bestäubung würde innerhalb weniger Jahre die Nahrungsmittelproduktion der Welt ernsthaft gefährdet sein. Ein voller Bienenstock hat im Sommer bis zu 60.000 Bewohner, die gemeinsam eine Strecke vom dreifachen Erdumfang zurücklegen müssen, um die Grundstoffe für ein Kilogramm Honig heranzutragen. Bienen, Honigbiene, Imkerei

Der Honig, der eigentlich als Nahrung für die Jungbienen dient, wurde schon frühzeitig vom Menschen als wohlschmeckendes Süßungsmittel und vielseitig einsetzbares Naturprodukt erkannt. Der Fachmann unterscheidet – in Abhängigkeit davon, wo die Bienen den Ausgangsstoff holen – Blütenhonig (aus Nektar), Blatthonig (aus zuckerhaltigen Ausscheidungsprodukten von Insekten, dem so genannten Honigtau) und Waldhonig (gewonnen aus Ausscheidungen von Läusen auf Fichten und Tannen, die von Ameisen „gemolken“ werden). Die von den Bienen mit Speichel und Sekreten angereicherten Ausgangsstoffe werden durch Wachsdeckel luftdicht in Waben verschlossen; ein ähnliches Konservierungsverfahren, wie es der Mensch beim Einwecken anwendet. Der Naturhonig ist so, wie ihn die Bienen produzieren, ohne weitere Bearbeitung (abgesehen von der Entfernung der Wachsreste) verwertbar. Die zahlreichen Inhaltsstoffe sichern eine vielseitige Nutzung; neben dem Verzehr kann er z. B. als Zutat beim Backen (der Kuchen bleibt länger weich), beim Kochen, zur Herstellung von Getränken und als natürliches Heilmittel verwendet werden. Sein Einsatz bei Erkältungen, bei Schwäche und Energiemangel ist auch ohne ärztliche Anweisung sinnvoll. Man sollte jedoch beachten, ihn nicht in heiße Getränke zu geben, da übermäßige Wärme wertvolle Inhaltsstoffe zerstört. Mit Quark vermischt soll Honig Herzbeschwerden lindern. Bereits in der Antike wurde das Bienenprodukt zur Heilung von Brandwunden genutzt. Massagen mit Honig sind im Wellnessbereich heute gefragt; schon Kleopatra sagt man zur Pflege der Haut Bäder in Milch und Honig nach.

Als anerkanntes Lebensmittel unterliegt der Honig in Deutschland strengen Vorschriften. Er darf höchstens 20 Prozent Wasser enthalten. Beim Kauf sollte man nach Möglichkeit auf die Etikett-Aufschrift „deutscher Bienenhonig“ achten; in anderen Ländern ist der hohe Standard nicht immer gewährleistet. Allerdings können die deutschen Imker nur ein Drittel des Gesamtbedarfs im Land decken; ein Grund, noch mehr Interessenten für das interessante und nützlich Hobby der Imkerei zu werben.

Neben dem Honig wird auch das von den Arbeitsbienen produzierte Wachs vom Menschen genutzt. Es dient der Herstellung von Kerzen oder von Baumschmuck (Reliefs). Die alten Ägypter schützten die Toten durch Einhüllen in eine Wachsschicht vor Austrocknung; auf ähnliche Weise wird Käse, z. B. in der Hohenleubener Firma Büttner, mit einer solchen Hülle umzogen. Weiterhin dient Bienenwachs zur Herstellung von Salben und wird (vor allem in der Oberlausitz) für eine besondere Färbetechnik von Ostereiern verwendet: Die Stellen, an denen mit flüssigem Wachs Muster aufgetragen sind, nehmen keine Farbe an und zeichnen sich so ab. Als gesundheitlich bedenklich wird heute übrigens der Verzehr von Scheibenhonig (ungereinigter Honig mit Wachspartikeln) angesehen.

Auch der reine Pollen, den die Insekten eintragen und zu Nahrung für ihren Nachwuchs weiterverarbeiten, kann in der natürlichen Heilbehandlung zur Allergiebekämpfung genutzt werden. Allerdings ist das Angebot in Deutschland nicht groß; die Bienen brauchen nahezu alles selbst. In anderen europäischen Ländern werden Pollenfallen eingesetzt, durch deren enge Gitter ein Teil der überreichlich gesammelten Kügelchen fällt.

Das Immunsystem stärkt der Weiselfuttersaft, das sogenannte „Gelée Royale“. Dieses in den Drüsen der Ammenbienen produzierte Mittel bekommen ab dem 4. Lebenstag nur noch die späteren Weisel, also die Bienenköniginnen. Es tötet Pilze ab und soll positiven Einfluss auf den weiblichen Hormonhaushalt haben. Gelée Royale wird in geringster Dosierung in Kapseln angeboten und ist sehr teuer.

Bienengift dient zur Behandlung von Allergien, von Rheuma, Glieder- und Muskelschmerzen. Wird man von einer Biene gestochen, so lockt ein freigesetzter Alarmstoff weitere Artgenossen an. Diese opfern sich für ihren Staat, denn bekanntlich bleibt der Stachel in der Haut stecken, was zum Tod der Biene führt. Diesen Stachel sollte man sorgsam entfernen, damit die daran befestigte Giftblase mit erfasst wird. Der Referent gab die Empfehlung, die Stelle mit Zwiebeln oder Lauch einzureiben, deren Duft den Bienen unangenehm ist.

Nur nach Beratung mit einem Arzt sollte man das Bienenkittharz (Propolis) verwenden. Mit diesem Erreger abtötenden Mittel (Harz, vermischt mit Wachs und ätherischen Ölen) dichten die Bienen Ritzen und Spalten ab. Eindringlinge werden damit übergossen. In Alkohol gelöst, kann es zur Behandlung innerer Krankheiten dienen.

Bienen schwärmen

Einfangen eines Bienenschwarms

Der aufschlussreiche Vormittag schloss mit einer Vorführung. Vor dem Museum hatte Gerd Neumann, unterstützt von seiner Frau Irene, einen kleinen Stand aufgebaut, an dem man beobachten konnte, wie mühsam das Entfernen des Wachsdaches (Entdeckeln) der Waben mit Hilfe einer speziellen Gabel ist. Der anschließend nach alter Methode per Hand geschleuderte frische Honig durfte probiert und bereits in Gläser abgefüllter selbstverständlich gekauft werden. Ausgelegt waren auch Prospekte, eine Broschüre (Apitherapie) und ein Buch mit Backrezepten unter Verwendung von Honig (Preis 15 Euro; zu bestellen über Familie Neumann). Es wäre erfreulich, wenn der Wunsch des Referenten in Erfüllung ginge, noch mehr Menschen für das so interessante und nützliche Hobby zu begeistern.

Dr. Frank Reinhold

22-Jun-2007 | 2007, Nachlese

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