Neueste archäologische Ergebnisse quer durch das ganze Bundesland Thüringen. Grabungen am SuedOstLink 2021-2024
Sonntagsgespräch im Museum Reichenfels am 18.02.2024
Neueste archäologische Ergebnisse quer durch das ganze Bundesland Thüringen. Grabungen am SuedOstLink 2021-2024
Vortrag von Andreas Hummel (Koordinator SOL-Trasse, Thüringische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie)
Im Zuge der Energiewende entstehen die Nord-Süd verlaufenden Gleichstromtrassen SuedLink und SuedOstLink. Letzterer quert den östlichen Teil des Bundeslandes Thüringen vollständig, so den Stadtkreis Gera und den Saale-Orla-Kreis, v. a. aber den Saale-Holzland-Kreis und den Landkreis Greiz. Die zu verlegenden Erdkabel laufen dabei direkt an bekannten archäologischen Fundstellen vorbei, weshalb das Thüringische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie (TLDA) das Großprojekt seit 2020 begleitet. Ab August 2021 wird nahezu die Hälfte der Flächen (Strecke von über 30 km) von Archäologen untersucht. Bei diesen Voruntersuchungen ist man auf spannende Befunde und Funde gestoßen. Dazu zählen Fundstellen in den Gemarkungen Walpernhain und Etzdorf, beide Saale-Holzland-Kreis, sowie Geißen, Crimla, Weida und Veitsberg, alle Lkr. Greiz. Die umfangreichsten Grabungen fanden bisher im westlich von Gera gelegenen Geißen statt. Unmittelbar südlich des Saarbaches wurden hier die Reste einer mittelalterlichen Siedlung freigelegt, die mindestens bis ins 12. Jahrhundert zurückreicht. Gefunden wurden bisher fünf Gebäude, darunter eines mit Keller und mehreren gemauerten Drainagekanälen, außerdem Pfostengruben, Gruben und steinerne Packlager zur Befestigung des Untergrundes. Für die dreidimensionale Dokumentation kommen moderne GPS-Vermessung und Drohnenaufnahmen zum Einsatz. Die archäologischen Befunde enthielten u. a. Keramikscherben von Töpfen, Kannen und Schüsseln, den Rest einer Tierfigur (wohl Pferd oder Zentaur), ein Miniaturgefäß, ein neolithisches Steinbeil sowie ein 0,50 m großer Mühlstein. Ob dieser vor Ort als Ölmühle diente, wird aktuell in einem Berliner Labor untersucht.
Interessante Ergebnisse sind auch aus Weida und Veitsberg zu erwarten. Hier kamen bisher mehrere jungsteinzeitliche Schlitzgruben sowie frühmittelalterliche Siedlungsreste zum Vorschein. Die Grabungen durch das TLDA laufen in beiden Arealen aktuell noch.
Abbildungen:
Abb. 1. Freigelegter mittelalterlicher Gebäudekeller 400 m südwestlich von Geißen
Abb. 2. Mühlstein aus der ersten Nutzungsphase des Geißener Gebäudes
Abb. 3. Früh- bis hochmittelalterliche Siedlungskeramik, in Sichtweite der Kloster-Schloss-Komplex von Mildenfurth, dessen Kirche ab der Zeit um 1210 gebaut wurde