Frömmigkeit und Machtausbau (17.01.2010)

Frömmigkeit und Machtausbau – die Rolle der Heinrichinger im „Deutschen  Orden“

Zum ersten heimatgeschichtlichen Sonntagsgespräch im neuen Jahr hatte der Vogtländische Altertumsforschende Verein zu Hohenleuben (VAVH) am 17. Januar ins Museum Reichenfels eingeladen. Etwa 25 Interessenten fanden sich trotz des winterlichen Wetters ein, um den Ausführungen des  jungen Zeulenrodaer Stadtarchivars Christian Sobeck zu lauschen. Er arbeitet gegenwärtig an einer Dissertation mit dem Arbeitstitel „Die älteren Heinrichinger, das Vogtland und der Deutsche Orden. Strukturgeschichtliche und prosopographische Untersuchungen“. In dieser Arbeit sollen erstmals die verstreuten Nachrichten zur Thematik gesammelt und einer Gesamtauswertung zugeführt werden. In seinem Vortrag gab der Referent, wie er es selbst nannte, einen Werkstattbericht, der erste Ergebnisse andeutete.

Der Deutsche Orden hatte im Vogtland und im angrenzenden Böhmen Niederlassungen in Plauen (1224), Reichenbach (1260/64), Tanna (1279), Asch (1289) und Adorf (vor 1328), wobei sich Plauen, Reichenbach und Adorf zu Kommenden entwickelten, während Tanna und Asch nur Pfarreien blieben. Plauen, eine der ersten Kommenden innerhalb der Deutschordensballei Thüringen und frühestes Zeugnis für das diesbezügliche Wirken der Heinrichinger, sollte wohl der Ausgangspunkt für die christliche Missionierung des Dobnagaus sein. Außer in Plauen, dessen Kommende auf alleinige Initiative Heinrich IV. von Weida entstand, sind alle anderen genannten Niederlassungen staufische Gründungen. Heinrichs Initiative (er stieg später selbst zum Landmeister des Ordens in (Ost)preußen auf) wurde aber sicher durch die Staufer gefördert; ein Einfluss Friedrichs II. kann angenommen werden. In dessen Schenkungsurkunden treten die Heinrichinger auch als Zeugen in Erscheinung. Daneben bestand eine auffällige Nähe zu den Ludowingern, gingen doch Weida, Mildenfurt und Cronschwitz von diesen zu Lehen. Thüringer waren bereits bei der Gründung des Deutschen Ordens (1198) dabei, so dass dieser mitunter als ein „kaiserlich-thüriingischer Orden“ bezeichnet wird.

Das Engagement der Heinrichinger resultiert zum einen aus tiefer mittelalterlicher Frömmigkeit, aber auch aus der Einsicht, dass der Orden Potential für Versorgung und Karriere bot. Der Referent verwies auch auf Verflechtungen mit den Ebersteinern und den Lobdeburgern. Die Ebersteiner, ursprünglich Lehnsherren von Plauen, verzichteten auf dieses Hoheitsrecht, und auch der  Lobdeburgische Besitz Tanna ging, da keine Söhne als Erben existierten, an die Heinrichinger über, die es ihrerseits dem Deutschen Orden schenkten. Der Landkomtur hatte bis 1809 das Recht, den Tannaer Pfarrer einzusetzen. Erst Napoleon beseitigte diese Gepflogenheit. Der große Forst Kämmera ist noch heute in Kirchenbesitz. Alle Deutschordensgründungen im Vogtland lagen in Offenlandschaften und hatten deshalb große Pfarrsprengel aufzuweisen. Durch Schenkungen war der Deutsche Orden bis zur Reformation größter Patronatsherr im Vogtland; dort lagen allein 6 von insgesamt 16 thüringischen Niederlassungen.

Der zweite Teil der Ausführungen betraf die personelle Komponente. Neben dem bereits genannten Heinrich IV. von Weida, einer der zentralen Gestalten der Frühperiode, seit 1238 Ordensmitglied und  ab 1240 im Umfeld des Deutschordensmeisters Konrad von Thüringen auftretend, ist vor allem der Hochmeister Heinrich von Plauen, der „Retter der Marienburg“ (Malbork nördlich von Danzig) in die Geschichte eingegangen. Neben insgesamt 11 Heinrichingern wurden zahlreiche vogtländische Ministeriale Angehörige des Ordens. Stellvertretend soll hier Konrad Sack, 1302 Landmeister für Preußen, stehen. Im Ordensland Preußen wurden auch Vogtländer wie die Machwitze oder die Herren von Wolfersdorf (Siedlung Großwolfersdorf bei Rastenburg).ansässig, die keine Deutschordensherren waren, Mit Fug und Recht kann gesagt werden, dass das Vogtland auch personell einen maßgeblichen Beitrag zum Aufbau des Deutschen Ordens leistete.

Dr. Frank Reinhold

17.01.2010

 

17-Jan-2010 | 2010, Nachlese

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