Geschichte des Zeulenrodaer Pressewesens (2009)

Ortszeitungen in Zeulenroda von 1848 bis 1881

Hans-Wolf Oberreuter berichtet über die Geschichte des Zeulenrodaer Pressewesens

Das letzte heimatkundliche Sonntagsgespräch des Hohenleubener Altertumsvereins vor der im August stattfindenden Jahreshauptversammlung war ursprünglich als ein Bericht über die Geschichte der mit Zeulenroda eng verbundenen Druckerei Oberreuter angekündigt. Der derzeitige Inhaber Hans-Wolf Oberreuter, der vor 2 Jahren das 125. Jubiläum des von seinem Großvater gegründeten Familienunternehmens begehen konnte, hatte sich jedoch entschlossen, die Thematik auf das Pressewesen der Stadt von 1848 an auszuweiten. Die Firmengeschichte wird dann im zweiten Teil mit eingebunden sein, der im ersten Halbjahr 2010 als Vortrag in Hohenleuben geplant ist.

Die Interessenten, die trotz des parallelen Thüringentags in Greiz und des ungastlichen Wetters den Weg ins Museum Reichenfels gefunden hatten, wurden mit dem Einblick in ein recht selten behandeltes Thema der Regionalgeschichte belohnt. Hans-Wolf Oberreuter gelang es, das recht trockene Thema anschaulich und mit anekdotischen Bemerkungen gespickt darzubieten. Dazu trug auch die Tatsache bei, dass er Originale von Presseerzeugnissen des behandelten Zeitraums mitgebracht hatte.

Während sich die meisten der 1848 gemachten Versprechungen entweder überhaupt nicht oder erst nach längerer Zeit erfüllten, war die errungene Pressefreiheit sofort spürbar. Die bisherigen Intelligenzblätter (zu jener Zeit bereits in Amts- und Verordnungsblätter umbenannt) waren Sprachrohr der Regierung und enthielten außer offiziellen Bekanntmachungen allenfalls harmlose Anzeigen. Politische Themen waren nicht erwünscht.

Das Jahr 1848 brachte hier auch in Zeulenroda einen Einschnitt. War man bisher, wollte man über die spärlichen Informationen der in Greiz, Lobenstein und Schleiz erscheinenden regierungsamtlichen Blätter hinausgehende Nachrichten erlangen, auf „ausländische“, das heißt nichtreußische Publikationsorgane angewiesen, so bestand nun plötzlich die Möglichkeit, örtliche Zeitungen zu lesen. Bereits am 27. April 1848 erschien die erste Nummer des „Anzeigers von Zeulenroda“, dessen Herausgeber, der Zeugmacher  Franz Dix, eher zu den gemäßigten Demokraten zählte. In Greiz erblickten am gleichen Tag die „Elektrischen Funken“ das Licht der Öffentlichkeit, die sich aber auf Grund mangelnder Leserschaft nicht lange halten konnten. Sie sprachen eher die von den feudalen Verhältnissen am stärksten benachteiligten, aber eben auch wenig finanzkräftigen Teile der Bevölkerung an. Innerhalb kurzer Zeit wurden 1848 in Deutschland 269 neue Zeitungen gegründet, von denen nach einem Jahr der größte Teil wieder verschwunden war.

Der „Anzeiger von Zeulenroda“ wurde in Ermangelung einer Druckerei im Ort zunächst in Schleiz, dann in Weida gedruckt. Nachdem der fürstentreue Stadtvoigt Kunze nach längeren Bemühungen 1855 die Etablierung einer konzessionierten Zeitung mit dem Titel „Zeulenrodaer Wochenblatts“ erreicht hatte, die sich als „gemeinnütziges Lokalblatt“ verstand, wurde Dix die Konzession für den „Anzeiger“ entzogen.

1863 gründete der aus Rochlitz stammende Heinrich Schüppel die erste Druckerei in Zeulenroda. Sie war mit moderner Technik (Schnellpressendruck) ausgerüstet. Als Gebhardt, der Herausgeber des Wochenblatts, Ende der 60er Jahre erkrankte, bemühte sich Schüppel um die Konzession, die jedoch Gebhardts Schwiegersohn Steinmüller erhielt. Letzterer übergab das Wochenblatt 1872 an den aus Lobenstein stammenden Drucker Christian Teich, der jedoch noch im gleichen Jahr nach Greiz verzog und das Wochenblatt kurze Zeit noch von dort aus druckte.

Einzige Zeulenrodaer Zeitung waren nun die seit 1869 erscheinenden, von Schüppel zusammen mit Franz Dix begründeten „Reußischen Blätter“, ein „kleinstädtisches Revolverblatt“ (Friedrich Lorenz Schmidt), das sich mit der Regierung des Kleinstaats anlegte. Ergebnis war der zeitweilige Entzug der Erlaubnis zur Verwendung des reußischen Wappens im Titelkopf, das von Schüpper kurzerhand (der Überlieferuzng nach mit ausdrücklicher Erlaubnis Bismarcks – inzwischen war das Deutsche Reich gegründet) durch den „feindlichen“ preußischen Adler ersetzt wurde. Letzterer schmückte nicht lange die Blätter; Schüpper durfte bald wieder das Reußenwappen nutzen.

Dem cholerischen, im Ort wenig beliebten Heinrich Schüppel erwuchs durch Louis Anton, Angestellter beim Fürstlichen Gericht, Konkurrenz. Er gründete, nachdem er  die Rechte am Zeulenrodaer Ableger eines sächsischen ursprünglich sozialdemokratischen Blattes erworben hatte, in den 1870er Jahren das „Zeulenrodaer Kreisblatt“. Dieses neue regierungstreue Presseorgan erschien Dienstag, Donnerstag und Sonnabend; zusätzlich erhielten die Bezieher am Sonntag den „Annoncen-Boten“. Schüppel, der 1876 einen „Offenen Brief“ gegen die unerwünschte Konkurrenz veröffentlicht hatte, aber nichts erreichte, ging wieder nach Sachsen zurück. Louis Anton kaufte Schüppels Verlagsrechte und vereinigte beide Zeitungen unter dem Titel „Zeulenrodaer Wochenblatt“,  das nun täglich den Weg zu den Lesern fand.

Auf den geplanten zweiten Teil, der im Jahre 1882, als die Druckerei Oberreuter gegründet wurde, einsetzt, kann man schon heute gespannt sein.

Dr. Frank Reinhold .

15-Aug-2009 | 2009, Nachlese

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