Geschichte über Geraer Straßennamen

Geschichte und Geschichten der Geraer Straßennamen

Zum ersten heimatgeschichtlichen Sonntagsgespräch des Vogtländischen Altertumsforschenden Vereins Hohenleuben im neuen Veranstaltungsjahr 2005/2006 sprach Herr S. Mues, Gera am 18. September 2005 im Museum Hohenleuben- Reichenfels über die Geschichte der Geraer Straßennamen.
Mit der Herausbildung größerer Städte im ausgehenden 15. Jahrhundert entstand auch das Bedürfnis der administrativen Ordnung dieser immer größer werdenden Kommunen. Ein Schritt in dieser Richtung war sicherlich die Einführung von Straßennamen. Am Beispiel der Stadt Gera gab der Referent, Herr Mues einen historischen Überblick. Im ältesten schriftlich überlieferten Stadtrecht von Gera von 1487 werden u.a. erste örtliche Zuordnungen, wie „Markt“ oder „under dem Schlossberg Gera“ für Gera- Untermhaus genannt.

In den Türkensteuerlisten von 1531 bzw. 1542 waren zwar die Namen der Bürger eingetragen, aber eine Benennung der genauen Wohnanschrift fehlte. Straßennamen im heutigen Sinn sind nachweislich erstmals 1686 im Zusammenhang mit einem Flugblatt zum Stadtbrand nachweisbar.

Auf einem Stadtplan von J. C. Müller aus dem Jahre1794 werden 26 Straßen namentlich benannt. Im ersten Geraer Adressbuch von 1861 sind dann bereits 58 Straßennamen verzeichnet.

Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, der dichteren Besiedlung und der räumlichen Ausdehnung des Stadtgebietes verdreifachte sich die Anzahl der Straßen. Gab es im Jahr 1903 138 Straßen, so stieg bis 1948 die Zahl auf 395 und heute gibt es in Gera insgesamt 720 Straßen bzw. Straßennamen. Die Straßennamen sind von jeher ein Spiegelbild der jeweiligen politischen Machtverhältnisse und das nicht nur in Gera. Besonders die zahlreichen Umbenennungen sind ein eindrucksvolles Beispiel für die ideologische Ausrichtung der Straßennamen, aber auch durch Eingemeindungen einzelner Vororte mussten Umbenennungen erfolgen, um Doppelbezeichnungen zu vermeiden, so geschehen 1919 als insgesamt 42 Neubezeichnungen erfolgen mussten. Besonders auffällig ist diese Tatsache nach Ende des 2. Weltkrieges. Im Zeitraum von 1945 bis 1950 erfolgten 118 Umbenennungen, von 1945 bis 1984 waren es sogar insgesamt 237. Auch in der jüngsten Vergangenheit lässt sich das verfolgen. Ab 1991 gab es in Gera ca. 60 Umbenennungen bzw. Rückbenennungen; so gibt es Straßen oder Plätze, die in den letzten 100 Jahren fünf- oder sogar sechsmal umbenannt wurden, wie beispielsweise der Bahnhofsplatz, der Puschkinplatz oder die Berliner Straße. Deshalb werden heute von den Geraer Stadtvätern bei der Vergabe neuer Straßennamen hauptsächlich die Namen anerkannter Wissenschaftler, verdienstvoller Einwohner bzw. Flurnamen bevorzugt.
Von den gegenwärtigen 720 Geraer Straßennamen ist von Herrn Mues bisher die Geschichte von ca. 500 Straßennamen bearbeitet, die restlichen 220 erst in der letzten Zeit benannten befinden sich noch in Bearbeitung. Wünschenswert für alle Heimatfreunde ist eine baldige Veröffentlichung seiner Forschungsergebnisse. Mit einem herzlichen Applaus dankten die Zuhörer Herrn Mues für seinen überaus interessanten Vortrag.
Für alle Interessenten stehen die Zusammenfassungen der Sonntagsgespräche sowie das neue Veranstaltungsprogramm des VAVH auf der Homepage der Verwaltungsgemeinschaft Leubatal (www.Leubatal.de) unter dem Link Museum Reichenfels, Nachlese zu Sonderausstellungen und Veranstaltungen zur Verfügung.
21.09.2005/J. Zorn

18-Sep-2005 | 2005, Nachlese

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