Gessen – das veschwundene Dorf

Gessen- das verschwundene Dorf

Die Besucher der Bundesgartenschau 2007 werden zwischen Gera und Ronneburg im Landschaftspark Gessental über die renaturierten Flächen des ehemaligen Wismutbergbaugebietes spazieren und mit großer Sicherheit auch an einer Stelle vorbeikommen, an der sich vor gut 40 Jahren das Dorf Gessen befand.

Mit der wechselvollen Geschichte dieses Ortes befasste sich Herr H. Müller, Gera in seinem Diavortrag zum heimatgeschichtlichen Sonntagsgespräch des Vogtländischen Altertumsforschenden Vereins Hohenleuben am 24. April 2005 im Museum Hohenleuben- Reichenfels.

Unmittelbar nach Beendigung des 2. Weltkrieges wurde auf dem Gebiet der damaligen sowjetischen Besatzungszone die Suche und die Gewinnung von Uranerz voran getrieben. Ab dem Jahr 1951 begann auch im Raum Ronneburg mit der Aufschließung der Tagebaue Trünzig/Sorge- Settendorf, Gauern, Culmitzsch und der Bergwerke Schmirchau und Lichtenberg der Uranerzbergbau, dem neben den Orten Katzendorf, Lichtenberg, Schmirchau auch Gessen weichen musste.

Die Geschichte von Gessen, dem Namen nach eine sorbische Ansiedlung, lässt sich bis in das 14. Jahrhundert zurückverfolgen. Die neuere Zeitgeschichte lässt sich etwa ab Mitte des 19. Jh. an Hand alter Unterlagen nachvollziehen. Die Volkszählung von 1905 gibt insgesamt 88 Einwohner in 16 Wohnhäusern und 2 Bahnwärterhäuschen an. Sank die Einwohner bis 1941 auf 80, so stieg sie nach dem Krieg durch die neu hinzu gekommenen Umsiedler auf über 160 an. Erst zu Ende der 50- er Jahre ging die Einwohnerzahl wieder auf den Vorkriegsstand zurück. Mit Beginn des Uranerzbergbaus im Ronneburger Raum war auch die ländliche Ruhe in Gessen vorbei. Zunächst noch nicht direkt in den Bergbau einbezogen erfolgte ab dem Jahre 1962 die Ausbeutung der Lehmvorkommen rund um den Ort zur Gewinnung von Verschlämmungsmaterial für die Brandbekämpfung Untertage. Mit der Forcierung des Übertageabbaues entstanden in Richtung Ronneburg und südöstlich des Ortes riesige Abraumhalden.

Am 21. Oktober 1966 vormittags setzte sich eine dieser Halden, die sogenannte Nordhalde in Bewegung. Auf einer Länge von 650 m, einer Höhe von 70 m rutschten innerhalb von nur 20 Minuten über 3 Mio. m³ Abraum in Richtung Gessen und verschütteten die Ortsverbindungsstraße nach Ronneburg, mehrere Gebäude und den Friedhof. Es begann die sofortige Räumung der betroffenen Gebäude. 8 Familien waren bereit, den Ort sofort zu verlassen, die restlichen 12 wollen vorerst aber bleiben.

Im Laufe des Jahres 1967 sind dann alle restlichen Einwohner in die verschiedensten Ort umgezogen. Ein etwas außerhalb der Räumungszone gelegenes Wohnhaus wurde erst im April 1973 von den Bewohnern aufgegeben.

Von diesem Zeitpunkt an war Gessen nur noch ein weißer Fleck auf den Landkarten. Was von dem Ort noch übrig blieb : 3 alte Bäume , die Reste der Grundmauern eines Bahnwärterhäuschens und der Durchgang durch den alten Bahndamm. Die Besucher der Bundesgartenschau werden von den Schicksalen der ehemaligen Bewohner des verschwunden Dorfes Gessen wohl nie etwas erfahren.
Mit einem herzliche Applaus dankten die Zuhörer Herrn H. Müller für seine fundierten Ausführungen.
28.04.2005/J. Zorn

24-Apr-2005 | 2005, Nachlese

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