Knüppeldamm an den Hainbuchen

Vom Knüppeldamm an den Hainbuchen – Sonntagsgespräch über 675 Jahre Gräfenbrück

Das Märzgespräch des Hohenleubener Altertumsvereins drehte sich um das kleine Dorf Gräfenbrück. Werner Prüfer, inzwischen im 86. Lebensjahr stehend, hat mit großem Interesse und Sachkenntnis auch aus einstiger beruflicher Sicht als Bauer in jahrelanger Forschung zusammengetragen, was über den erstmals 1335 in der Person des Urkundenzeugen Bruno von Grevenbrucke, eines Dienstmanns der Vögte, erwähnten Ort überliefert ist. Vorgetragen von seinem Sohn  Dr. Bernd Prüfer und auch technisch anschaulich aufbereitet, beeindruckte das Ergebnis die rund 30 im Museum Reichenfels versammelten Heimatfreunde sehr. Zu Beginn der Veranstaltung gedachten die Anwesenden des  kürzlich verstorbenen früheren Zeulenrodaer Stadtarchivars und langjährigen Vereinsmitglieds Roland Lange (1935 – 2010) mit einer Schweigeminute.

Werner Prüfer möchte dem Ortsnamen Gräfenbrück von einem meines Wissens allerdings so nicht  nachweisbaren Lehnwort Gräfe = Hainbuche ableiten. Tatsächlich heißt die Hainbuche im Altsorbischen grab, also sehr ähnlich, und diese Bäume kommen auch häufig im Gelände vor. Beziehungen zu einem Grafen, woraus der Name sprachlich erklärbar wäre,  bestanden nicht, was die Namenforscher schon länger vor ein Rätsel stellt. Brücke muss nicht unbedingt im heutigen Sinn  zu verstehen sein (ein Bach besteht an diesem Nordende eines Höhenrückens nicht), sondern kann  auch den Knüppeldamm über sumpfige Stellen meinen, wovon es mehrere in der Ortslage gibt. Der aus dem Altsorbischen ableitbare Flurname Plötze wird auf blota = Sumpf zurückgeführt; er ist der einzige nichtdeutsche Name im Ortsbereich. Nur nebenbei sei erwähnt, dass Kurt Häßner, der Verfasser der erst jüngst erschienenen materialreichen dreibändigen Weidaer  Stadtgeschichte, eher den Bezug zu einer Brücke über den Graben beim alten Gräfenbrücker Vorwerk vermutet.

Die eigentliche Entstehung des Dorfs liegt sicher früher als 1335, nämlich zum Zeitpunkt des Baus der Osterburg oder kurz danach. Ausgangspunkt des Ortes, so der Referent, sei der Schafhof oder ursprünglich 10 gleich große Bauernstellen. Der Schafhof, der im Spätmittelalter etwa 700 Tiere unmfasste, befand sich bis 1558 unter direkter Regie des Amtes Weida. Er existierte bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, war jedoch verpachtet (seit 1618 gemeinsam mit dem Vorwerk). Das Vorwerk, als dessen erste Besitzer die Herren von Schlieben erscheinen, war später ein kursächsisches Kammergut und dann  Staatsgut. 1946 wurden die 99 Hektar im Zug der Bodenreform aufgeteilt. 1903 hatte man das Schnitterhaus angebaut, 1913 errichtete man ein Windrad zur Wasserförderung. Seit 1963 elektrisch betrieben, versorgte man solcherart auch das Dorf, das erst 1973 an die Fernwasserversorgung angeschlossen wurde.

Die gerodete Freifläche zwischen Gräfenbrück und der Weidaer Burg ermöglichte eine gute Sicht bei militärischen Angriffen. Das Reihendorf hatte auch die Aufgabe der Warenlieferung für die Burgküche.

Die Wohnhäuser weisen noch heute meist Fachwerk auf, die Nebengebäude wurden ursprünglich aus. Lehm errichtet. Der Wohntrakt befindet sich stets östlich von den Scheunen; die im Ort herrschende westliche Windrichtung verhindert so im Brandfall den Funkenflug. Das erste vollständig aus Stein  bestehende Haus entstand 1903 nach einem Brand. Es gehörte der Familie Bratfisch, die als ältestes ortsansässiges Geschlecht (seit 1562) nachweisbar ist.

1904  stellte Gräfenbrück den Antrag auf einen eigenen Friedhof. Die Toten wurden bis dahin nach Steinsdorf begraben. Der Ort weist selbst weder Kirche noch Schule auf. Als besonders bedauerlich wurde hervorgehoben, dass auch Gräfenbrück unter der Abwanderung der Jugend leidet. Waren 1911 noch 20 Prozent der Einwohne im Kindesalter, sind es heute nur 8 Prozent.

Das Dorfjubiläum soll am 29. Mai feierlich begangen werden. Eine von Werner Prüfer erarbeitete Zeittafel zur Gräfenbrücker Chronik, die weitere Fakten und Zusammenhänge enthält, kann übrigens für einen Euro im Museum Reichenfels erworben werden.

Dr. Frank Reinhold

im März (?)

1-Apr-2010 | 2010, Nachlese

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