Lohgerberei „Friedrich Franke“ in Weida

Besuch in der Lohgerberei „Friedrich Francke“ Weida

Das zweite Sonntagsgespräch des VAVH in diesem Jahr wurde am15. Februar in Form einer Exkursion nach Weida durchgeführt. Ziel war das Technische Schaudenkmal Lohgerberei „Friedrich Francke“. Die Firma wurde 1844 direkt an der Weida gebaut und bis 1992 als Lohgerberei betrieben, d. h. Gerben von Tierhäuten mit natürlichen Pflanzenstoffen. Als Lohe verwendete der Weidaer Gerber vor allem Fichtenrinde. Hergestellt wurden hochwertige Sohlenleder aus Rindshäuten. Der Gerbermeister Friedrich Francke hatte einen Geselle und einen Prokuristen, der auch in der Werkstatt half.

Auf Wunsch des letzten Besitzers übernahm die Stadt Weida nach dessen Ableben das Anwesen, um es als technisches Schaudenkmal zu erhalten. Beim Betreten des Grubenhofes fiel sofort auf, dass sich die Dachrinnen im Inneren befanden. Das Regenwasser wurde aufgefangen und gesammelt, die Nutzung des Wassers aus dem öffentlichen Netz wäre zu teuer gewesen. Die von den Schlachthäusern gelieferten Rinderhäute wurden im Walk- und Äscherfass gewaschen und durch Zusatz von Kalkmilch Fett und Haare aus der Haut entfernt.

Bevor in den Gerbereien große Fässer zum Einsatz kamen, mussten die Häute im Fluss gewässert werden. Waren die Häute nicht ausreichend an Ketten befestigt, lösten sie sich und schwammen davon. Daher kam das geflügelte Wort „ Die Felle davon schwimmen“.

Nach dem Spülen wurden die Häute, nun Blöße genannt, entfleischt, also Fleisch- und Hautreste mittels Ziehklinge entfernt. Der Abfall wurde aber nicht weggeworfen, sondern an die Lebensmittel- und Kosmetikindustrie verkauft, daraus konnte Gelatine gewonnen werden.

Dann hängte man die Häute für 3 Wochen in Bottiche mit Gerbbrühe, es erfolgte eine faserschonenden Vorgerbung. Anschließend begann das eigentliche Gerben in mit Eichenholz ausgekleideten Gruben. Dazu wurden immer abwechselnd eine Lederhaut und eine Schicht Fichtenrindenschnitzel in die Grube gegeben. Nach einer letzten Schicht Rindenschnitzel wurde die Grube mit Brettern und Steinen geschlossen. Über eine Pfaffe, einem Holzrohr am Rande der Grube, wurde Wasser aus der Weida und das Regenwasser in die Grube geleitet. Nach 4 Monaten wurde das Wasser abgepumpt und in die Kanalisation geleitet. Das Leder wurde entnommen und in die nächste Grube gebracht. Diese Prozedur wiederholte man noch zweimal. Um kontinuierlich Leder herzustellen hatte der Betrieb insgesamt 58 Gruben.

Nach einem Jahr konnte das Leder zum Abwelken (Trocknen) aufgehängt werden. Von Zeit zu Zeit musste das Leder ausgereckt werden, um Wellen und Falten zu herauszudrücken. Nach einer Woche Trocknen kam das nun fertige Leder noch einmal auf die Lederwalze, wurde geglättet und verdichtet.

Die Lohe, die geschnetzelte Baumrinde für den Gerbprozess, stellte der Gerber in der Lohmühle selbst her. Zur besseren Auslastung der Mühle wurde auch für andere Gerbereien produziert.

Die verbrauchte Lohe kam in eine gesonderte Extraktionsgrube gebracht, wurde noch einmal mit Dampf behandelt, um letzte Gerbstoffreste herauszulösen. Die ausgelaugten Rindenstücke presste man zu Lohkuchen. Dieses konnten als Brennmaterial verkauft oder im eigenen Dampfkessel verbrannt werden. Der Dampf trieb die hauseigene Dampfmaschine an.

Die Dampfmaschine ist der Edelstein des Schaudenkmales, sie wurde 1855 gebaut und tut seit 1900 in der Gerberei ihren Dienst, ist heute noch funktionsfähig. Mit einer Leistung von nur 8,7 KW oder 12 PS trieb sie eine 22 m lange Transmissionswelle an, die wiederum Lohmühle, Lederspaltmaschine, Pumpen, Lohkuchenpresse und Lederwalze in Bewegung setzte. Das Lohgerben, eines der ältesten Gerbverfahren mit ausschließlich natürlichen Rohstoffen, dauert 14 Monate von der Rohhaut bis zum fertigen Leder. Diese Art der Lederherstellung wäre nach unserem heutigen Verständnis ein Verfahren, das umweltschonend und rohstoffeffizient arbeitet und ein Ökosiegel verdienen würde. Ein Besuch des Technischen Schaudenkmals lohnt sich, ist doch die Lohgerberei Francke ein lebendiges Beispiel Weidaer Industriegeschichte. Übrigens kann man im Gerberkeller nach vorheriger Anmeldung auch gemütlich feiern.

Joachim Thiele

15-Feb-2009 | 2009, Nachlese

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