Musikalisch literarischer Streifzug durch die deutsche Sprache
„uns ist in alten maeren“ – Musikalisch literarischer Streifzug durch die deutsche Sprache von 800 bis 1600
Zum heimatgeschichtlichen Sonntagsgespräch hatte der Vogtländische Altertumsforschende Verein Hohenleuben am 18. März 2007 in das Museum Hohenleuben- Reichenfels eingeladen. Die beiden Referenten Herr B. Kemter, Gera und Herr D. Schumann, Erfurt führten die zahlreichen Anwesenden auf amüsanter Weise durch die Anfänge der deutschen Literatur.
Die Anfänge der deutschen Dichtung liegen weit über ein Jahrtausend zurück. Die ältesten überlieferten Zeugnisse wurden erstmals von schreibkundigen Mönchen im fränkischen Reich Karls des Großen (768- 814) niedergeschrieben. Diese ersten schriftlichen Überlieferungen waren überwiegend religiöse Texte, Zaubersprüche, Gebete und Glaubensbekenntnisse. Im 8. Jahrhundert hatte sich aus den verschiedensten germanischen Stammessprachen eine einheitliche Sprache herausgebildet, das Althochdeutsche.
Zu den ältesten überlieferten Werken gehören die beiden „Merseburger Zaubersprüche“ aus dem 10. Jahrhundert. Weitaus bedeutsamer ist aber das bereits um 820 im Kloster Fulda entstandene „Hildebrandslied“, dem geschichtliche Ereignisse der Völkerwanderung zugrunde liegen. Im Hildebrandslied wird erstmals die Konfrontation zwischen der bäuerlich- germanischen Sippenordnung und der frühfeudalistischen Gesellschaft beschrieben. Im 12. Jahrhundert hatte sich die feudalistische Struktur dann voll ausgebildet und die höfische Kultur erreichte ihren Höhepunkt. Das Leben der gebildeten Ritterschaft war geprägt von großer Gefühlstiefe, dem Streben nach Verfeinerung der Sitten und nach Humanisierung des menschlichen Zusammenlebens. Bedeutende Dichter oder wie sie in dieser Zeit genannt wurden, Sänger dieser mittelhochdeutschen Sprachepoche waren Wolfram von Eschenbach, Hartmann von der Aue, Walter von der Vogelweide, Neidhart von Reuental oder aber auch Gottfried von Strassburg.
Mit dem Epos „Parzival“ schuf Wolfram von Eschenbach den ersten Erziehungsroman in der deutschen Literaturgeschichte. Ebenfalls in die Zeit um 1200 fällt die Entstehung des „Nibelungenliedes“, des wohl bekanntesten höfischen Heldenepos. Ein unbekannter süddeutscher Dichter schuf aus ursprünglich zwei selbstständigen Sagenkreisen (Siegfriedsage und Burgundensage) dieses rund 2400 Strophen umfassende Epos. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts ging die Blütezeit des Rittertums zu Ende und im Laufe der folgenden Jahrhunderte traten grundlegende gesellschaftliche Veränderungen auf. Seit Mitte des 15. Jahrhunderts entstand ein neues Weltbild, eine neue wissenschaftlich geprägte Weltanschauung.
Humanisten wie Ullrich von Hutten (1488- 1523) formten entscheidend dieses Weltbild. Mit der Erfindung des Buchdruckes mit beweglichen Lettern durch Johann Gutenberg um 1450 war ein wesentliches Medium zur Verbreitung des geschriebenen Wortes geschaffen. Wesentlichen Anteil an der Herausbildung der neuhochdeutschen Sprache hatte Martin Luther mit seiner Bibelübersetzung (1522-1534). Viele in dieser Zeit entstandenen Volksbücher wie Till Eulenspiegel (1515), Doktor Faust (1587) oder die Schildbürger (1597) fanden durch die Buchdruckerkunst eine rasche Verbreitung. Mit ausgewählten Textbeispielen aus dem Hildebrandslied, mit Texten von Walter von der Vogelweide, Textpassagen aus dem Nibelungenlied oder mit den „Tischsitten“ von Hans Sachs, vorgetragen in der jeweiligen Originalaussprache, ließen die beiden Referenten die alte Sprache wieder erstehen; klingt ist sie in vielen Passagen für unser Ohr doch recht ungewohnt. Für die musikalische Umrahmung des Vortrages brachte Herr Schumann, Leiter des Erfurter Renaissance- Orchesters, mittelalterliche Musikinstrumente zum Klingen. Ob Krummhorn, Gemshorn, altdeutsche Schalmei, Sopranpsalter, auf jedem dieser Instrumente, die zum Teil in mühevoller Kleinarbeit nachgebaut wurden, spielte er für die Anwesenden ein kleines Ständchen.
Ebenso perfekt spielte er auch auf der mittelalterlichen Kastenleier, der Eunuchenpfeife, der Platerspielen, der Rauschpfeife, dem Baß- Schalümo oder auf der kleinsten Flöte, der Gar- klein- Flötelein, für uns heute alles Musikinstrumente mit einem doch recht eigenen Klangbild. Für die Besucher des Sonntagsgespräches war es nicht nur ein amüsanter und kurzweiliger Streifzug durch die Literaturgeschichte, sondern auch ein interessanter Einblick in die Musikgeschichte und Instrumentenkunde.
Dafür bedankten sie sich mit einem herzlichen Applaus bei beiden Referenten.
19.03.2007/J. Zorn