Schloß Voigtsberg, Oelsnitz/V.

Von Archivgut und Halbmond-Teppichen –

Maiexkursion des VAVH führte nach Oelsnitz

 

Die Bus-Exkursion des Hohenleubener Altertumsvereins am 1. Mai führte die etwa 40 Teilnehmer diesmal nach Oelsnitz auf Schloss Voigtsberg.

Schloss Voigtsberg mit dem vogtländischen Archiv (li.)

Sigrid Unger, die Leiterin des dortigen, in drei Gebäuden des ehemaligen Gefängnistrakts untergebrachten Kreisarchivs, hatte mit ihren Mitarbeitern eine Führung vorbereitet.Diese schloss auch die sonst nicht zugänglichen Magazinräume ein. Aufbewahrt wird zum einen das Archivgut der den Vogtlandkreis bildenden Altkreise Auerbach, Klingenthal, Oelsnitz, Plauen-Land und Reichenbach; insgesamt 5500 laufende Meter vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart, wobei die Unterlagen aus dem 19. und dem 20. Jahrhundert den Schwerpunkt bilden. Das betrifft die kommunalen Bestände der Städte Adorf und Oelsnitz sowie von rund 200 Landgemeinden; weitere Unterlagen betreffen Schulen. Pflegeheime, Kinderheime und private Nachlässe (so von Paul Apitzsch und Ewald Rannacher), ebenso werden Karten, Pläne und Risse, Fotos und Filme sowie Zeitungen (seit 1838) archiviert. Dazu kommt das Betriebsarchiv des Landratsamts Vogtlandkreis seit 1996, das weitere 6000 laufende Meter umfasst. Die Unterlagen sind in 8 modernen Anforderungen entsprechenden Magazinräumen untergebracht. Luftfeuchtigkeit und Raumtemperatur werden so reguliert, dass eine optimale Erhaltung des Archivguts gewährleistet ist. Die Baulichkeiten waren in der jetzigen Form 2005 übergeben worden.

Die 7 Mitarbeiter des Kreisarchivs beantworten jährlich etwa 2000 Anfragen aus aller Welt. Natürlich können die Bestände auch – möglichst nach Voranmeldung – vor Ort eingesehen werden; diese Möglichkeiten nutzen unter anderem auch die Familienforscher. Die Geburtsregister der Standesämter gehen nach neuesten Bestimmungen nach 110 Jahren an die Archive über; für die Heiraten gilt die Frist von 80 Jahren, und Sterbefälle sind nach 30 Jahren betroffen. Die begonnene Digitalisierung des Archivguts erleichtert die Erschließung. Die Präsenzbibliothek umfasst rund 8000 Bände. Die älteste Archivalie, das Erbbuch der Stadt Oelsnitz von 1526, wird gegenwärtig für eine Publikation vorbereitet.

Die Mineralsammlung im Keller der Burg

Eine weitere Führung betraf die zunächst vögtische Kernburg. Hier befand sich von 1378 bis 1855 das kurfürstliche Amt (Bergamt) Oelsnitz. Ältester Teil ist der Bergfried mit einer heutigen Höhe von 22 Metern; dieser Turm hat einen Durchmesser von 9,70 und eine Mauerstärke von 3,30 Metern. Im Kellerraum des Burggebäudes befindet sich heute eine Mineraliensammlung, die an das frühere Bergamt erinnern soll.

Der Fürstensaal wird für Trauungen genutzt

In der Amtsschösser-Stube mit ihrer Balkendecke von 1637 finden heute Veranstaltungen und Konzerte statt. Der „Fürstensaal“ (eine moderne, historisch nicht begründete Benennung) ist ein beliebter Hochzeits-Ort. Nicht zur Kernburg gehören die mit dem einstigen Amtssitz in Zusammenhang stehenden Erweiterungsbauten. Nach der Auflösung des Amts 1855 richtete man hier ein Arbeitslager für Männer ein; bald erfolgte eine großflächige Erweiterung der Anlagen. Weitere Stationen waren das Frauengefängnis (bis 1924). Während der Zeit des Nationalsozialismus hatten hier der Reichsarbeitsdienst, die Hitlerjugend und von 1937 bis 1945 das Museum ihr Domizil. Nach Verwendung als Umsiedlerunterkunft hielt hier der Jugendwerkhof seinen Einzug; von 1961 bis 1964 wurden die Gebäude als Objekt der Nationalen Volksarmee genutzt, bevor verschiedene Schulen hier ihre polytechnische Ausbildung durchführten. Nach 2001 ergab sich die Möglichkeit, im Rahmen der Förderung des städtebaulichen Denkmalsschutzes 12 Millionen Euro zur Erhaltung und Neunutzung der Gebäude einzusetzen. Heute finden wir auf dem Burggelände neben dem Archiv einen Kostümverleih, eine Gaststätte und das 2010 eröffnete Teppichmuseum.

Das Teppichmuseum

Auch hier war eine Führung organisiert worden. Die „Halbmond“-Teppiche aus Oelsnitz erfreuen sich bis zur Gegenwart großer Bekanntheit. Der Begründer des Werkes war Carl Wilhelm Koch (1855 Dinkelsbühl – 1925 Oelsnitz), ein Webersohn, der bereits mit 20 Jahren technischer Direktor einer Fabrik in Düren geworden war und 1880 gemeinsam mit seinem Schwager in Oelsnitz die späteren „Halbmond“-Werke gründete. 1913 war dies die größte private Teppichfirma Deutschlands. Das Museum zeigt neben der konkreten Entwicklung der Oelsnitzer Teppichproduktion auch die Geschichte dieses seit Jahrtausendem bekannten Textilprodukts und die Entwicklung der Techniken. Der älteste erhaltene Teppich weist ein Alter von 2500 Jahren auf; er wurde im ewigen Eis gefunden und wird jetzt in der Petersburger Eremitage aufbewahrt. Dieses und vieles andere mehr kann man bei einem Besuch des empfehlenswerten Museums erfahren.

 

Dr. Frank Reinhold                                                                                                                           (Fotos: Joachim Thiele)

6-Jun-2012 | 2012, Nachlese

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