Stammtisch im November

Heimatgeschichtlicher Stammtisch zum Abschluss des Vereinsjahrs

Das letzte Sonntagsgespräch des Hohenleubener Altertumsvereins (VAVH) im Vereinsjahr war ein Experiment, hatten die Organisatoren doch erstmals seit langen die Tradition durchbrochen und keinen Referenten bestellt. Mit Fug und Recht kann gesagt werden, dass der Versuch gelungen ist. Etwa 25 Interessenten hatten sich in der Gaststätte Lindenhof eingefunden, um unter der Überschrift „Aus Omas Schublade“ über Regionales zu plaudern. Zunächst jedoch konnte die Wirtin Kerstin Richter, Mitglied des VAVH, für ihr aktives kulturelles Engagement ausgezeichnet werden; sie ist die erste, welche die in Zukunft jährlich vom VAVH gemeinsam mit der Stadt Hohenleuben zu vergebende Bürgerehrung für Verdienste um die Heimatgeschichts-, Brauchtums- und Traditionspflege erhielt. Die Laudatio hielt der Hohenleubener Bürgermeister.
Entsprechend des Aufrufs in der Tagespresse hatten einige der Stammtischteilnehmer historische Sachzeugen vom 18. bis zum 20. Jahrhundert mitgebracht. Die Moderatoren Andreas Brandt und Friedrich Wilhelm Trebge koordinierten die vielfältigen Wortmeldungen. Am Anfang stand eine Tonbandaufnahme vom Beginn der 1960er Jahre, auf der Liesel Röhnert das Mundartgedicht „Hohenleubener Allerlei“ von Rudolf Dietz vortrug. Auch die Hohenleubener Hymne, entstanden für die Faschingssaison 1985, kam zu Gehör. Beides bildete die Grundlage für vielfältige Diskussionen und Fachsimpeleien über Zeitereignisse und Personen wie den Vogelschneiders Hermann, ein Hohenleubener Original. So berichtete Dr. Ernst Woll, angeregt durch das Mundartgedicht, dass er als Schüler in einem Diktat das Wort „Kirche“ so geschrieben hatte, wie er es zu sprechen gewohnt war, nämlich echt „huchenleimsch“ als „Kerche“. Die nachfolgende Aufzählung mitgebrachter Dinge kann nur einen kleinen Einblick in die Vielfalt des zur Sprache gekommenen Erinnerungsschatzes geben. Vorgestellt wurden unter anderem alte Sagensammlungen, Festschriften, gedruckte Neujahrszettel (diese erschienen vom 18. Jahrhundert bis 1939), Zeitungen, an die Soldaten an der Front von den Gemeinden geschickte sogenannte „Soldatenbriefe“, Bürgerscheine, Einladungen zu Festessen, Gesindedienstbücher, Aktien der „teuren Mehlbahn“, also der Mehltheuer-Weidaer Eisenbahn oder Flugzeugführer- und Fahrradberechtigungsscheine. Hingewiesen wurde auch auf den heute kaum noch bekannten, das Hohenleubener Leben um 1900 widerspiegelnden Roman „Die Hollmanns“, verfasst von Oskar Klopfer. Ähnliches gilt für gedruckte, hektographierte oder handschriftliche Kindheitserinnerungen. Der Bogen spannte sich weiter über familiengeschichtliche Materialien, ein Schreibheft von 1817 und ein Tagebuch eines Piesigitzer Bauern aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts über ein handschriftliches Rezeptbuch zur Herstellung von Schnaps (1831) bis hin zu einem Schreiben mit der Androhung von 15 Jahren Haft für die Nichterfüllung der Zwangsablieferung von Milch, Butter und Käse zur Versorgung der Bevölkerung, das 1947 auf Grund eines Befehls der Sowjetischen Militäradministration an die säumigen Bauern gerichtet wurde. Dieses und vieles andere mehr befindet sich heute noch in privaten Haushalten. Der VAVH sieht es als eine seiner Aufgaben an, derartige Sachzeugen vor der Vernichtung zu bewahren. Dazu kann es auch beitragen, wenn einiges davon dem Museum Reichenfels kurzzeitig zur Anfertigung von Kopien zur Verfügung gestellt wird. Ausdrücklich wurde darauf hingewiesen, dass dringend Material wie Spielpläne, Fotos oder Erinnerungen von Beteiligten und Zuschauern über die Volksspielkunstvereinigung der Jahre nach dem 2. Weltkrieg gesucht wird; Ansprechpartner ist hier Friedrich Wilhelm Trebge. In Zukunft soll immer das letzte Sonntagsgespräch des Jahres in Form eines solchen Stammtischs stattfinden. Anregungen dafür sind jederzeit willkommen.
Dr. Frank Reinhold

25-Nov-2011 | 2011, Nachlese

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