Vogelwelt und Wismut-Sanierung

Veränderungen der Vogelwelt im Zug der Wismut-Sanierung – Hohenleubener Sonntagsgespräch

Zu den Ursachen für die mitunter gravierende Umgestaltung des Landschaftsbildes in unserer Region gehört neben den Auswirkungen genossenschaftlicher Landwirtschaft zweifelsohne der Uranbergbau der SDAG Wismut. Die damit zusammenhängenden tiefen Wunden in der natürlich gewachsenen Umwelt waren bis zur Wendezeit im Zeitraum von 20 bis 30 Jahren teilweise geschlossen worden, indem auf den Stellen einstigen Tagebaues und auf den Halden allmählich wieder pflanzliches Leben spross und sich auf diese Weise neue funktionierende Biotope gebildet hatten. Seit 1968 verfolgen die Greizer Ornithologen die Entwicklung der Vogelwelt im einstigen Wismutgelände in einem etwa von den Ortschaften Großkundorf, Trünzig, Wolfersdorf, Gauern und Seelingstädt umgrenzten Gebiet. Hierbei standen vor allem auch die Absatzbecken im Blickpunkt der Betrachtung. Der Referent des Hohenleubener Sonntagsgesprächs vom 16. Februar, Hartmut Lange (Greiz), ist seit 36 Jahren an diesen Beobachtungen aktiv beteiligt. Auch in Hohenleuben ist er kein Unbekannter, trat er doch in vergangenen Jahren bereits zweimal im Museum Reichenfels mit ornithologischen Vorträgen über das mittlere Elstertal und das Wismut-Gelände in Erscheinung. Die jüngsten, von etwa 50 Interessenten verfolgten Ausführungen widmeten sich ersten Erkenntnissen über Auswirkungen der gegenwärtigen und zukünftigen Sanierung der Wismut-Hinterlassenschaften auf die in den vergangenen Jahrzehnten gewachsene vielfältige Vogelpopulation. Zahlreiche, zum Großteil von Klaus Lieder stammende Dia-Aufnahmen veranschaulichten die Darlegungen.

Während sich bestimmte Vogelarten (die so genannten „Opportunisten“) neuen Bedingungen gut anpassen können und somit durch Veränderungen nicht oder zumindest nur wenig gefährdet sind, haben andere Spezies mit höheren Ansprüchen an ihre Umwelt ernsthafte Überlebensschwierigkeiten. Besonders häufig und gebietsbildend sind z. B. Watvögel wie der Kiebitz, der Fluss-, der Goldregenpfeifer oder die Bekassine, wobei allerdings Flussregenpfeifer und Bekassine im Gegensatz zu früheren Jahren nicht mehr brüten, sondern nur noch Gäste sind. Auch der Goldregenpfeifer ist ein regelmäßiger Gast; er schließt sich den Schwärmen der Kiebitze an. Gut vertreten sind z. B. auch Stelzenvögel wie die bekannte Bachstelze oder unter den Eulen der Waldkauz; beide zählen als „Opportunisten“ zu den Überlebenskünstlern. Ebenso sind Greifvögel wie Habicht und Mäusebussard, zumindest als Nahrungsgäste, häufig anzutreffen. Der inzwischen hoch gewachsene Baumbestand, der allerdings im Raum Wolfersdorf – Gauern bekanntlich in nächster Zeit gerodet werden soll, bietet z. B. Spechten bislang einen attraktiven Lebensraum. Gras- und Ackerflächen braucht die häufige Wachtel. Der einstmals weit verbreitete Wiesenpieper hat im Revier zwischen Wolfersdorf, Zwirtzschen und Gauern eines seiner letzten regelmäßigen Brutvorkommen im Landkreis Greiz.

Einen drastischen Rückgang verzeichnet die Feldlerche, die früher massenhaft am Absatzbecken zwischen Trünzig und Großkundorf zu beobachten war. Auch die Schafstelze ist als Wiesenbrüter durch den Rückgang an Grasflächen bedroht. Der Pirol, der in den Laubwäldern der Wismut-Region einen stabilen Bestand aufgebaut hatte, ist durch die begonnene Abholzung seltener geworden. Der lange Jahre typische Steinkauz hat heute letzte Vorkommen um Ronneburg; der Erfolg eines im vergangenen Jahr initiierten Buga-Projekts zu seiner natürlichen Auswilderung bleibt abzuwarten. Die Rebhühner, vor Jahren ebenfalls ausgewildert und damals häufig auch auf Feldern um Berga zu beobachten, werden heute nur noch in Restbeständen zwischen Korbussen, Ronneburg und Posterstein angetroffen. Als Folge der begonnenen Sanierung gilt die Tatsache, dass die Brandgänse in letzter Zeit nicht mehr gebrütet haben; Gleiches ist von den erst seit 2004 auftretenden Schwarzkehlchen zu sagen. Das in den siebziger und achtziger Jahren regelmäßig beobachtete Odinshühnchen findet sich nur noch sporadisch.

Dagegen wurde festgestellt, dass die seit 1975 im Altkreisgebiet verschwundene Grauammer in den letzten fünf Jahren wieder erscheint, auch wenn vorerst nur einzelne singende Männchen und keine Brutpaare registriert wurden. Auch die auf der roten Liste bedrohter Arten stehende Dorngrasmücke weist eine steigende Tendenz auf. Ein Resultat der allgemein wesentlich verbesserten Wasserqualität ist das gehäufte Vorkommen des Eisvogels. Geradezu explosiv hat sich seit 3 Jahren die aus Nordafrika stammende Nilgans als neue Art verbreitet; auch die Mandarinente ist zumindest als Fressgast anzutreffen. Der vor wenigen Jahren erstmals verzeichnete, aus Russland stammende Steppenkiebitz ist inzwischen regelmäßig zu sehen.

Die vorstehend genannten Beispiele zeigen auf, dass die Sanierung des Wismut-Gebietes im Bereich der Vogelwelt vielfältige Auswirkungen teils negativer, teils aber durchaus auch positiver Art hat. Die Auslöser für derartige Veränderungen sind, wie in der regen Diskussion zum Ausdruck kam, natürlich auch in anderen Faktoren zu suchen. So führt die allenthalben und kontrovers betrachtete Klimaerwärmung dazu, dass wärmebedürftige Arten wie der Bienenfresser sich inzwischen auch in unserer Region aufhalten. Angesprochen wurden auch die Bestrebungen, durch Schaffung künstlicher und Bereitstellung natürlicher Nistplätze (z. B. in Kirchtürmen) den Artenbestand zu sichern. Die Teilnehmer des Sonntagsgesprächs dankten dem Referenten durch ihren Beifall für einen sehr informativen und anregenden Vormittag.

Dr. Frank Reinhold

16-Feb-2007 | 2007, Nachlese

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